Pine Ridge Indianer Reservat (South Dakota) in der Nähe von Wounded Knee. Das Leben der Lakota Indianer zwischen Armut, Perspektivlosigkeit und dem Versuch die Tradionen zu bewahren. Herzlichen Dank an die Familie Jumping Eagle für Ihre Gastfreundschaft.
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Sitting Bulls verlorene Kinder – © Helga Othenin-Girard
Das Leben im Pine Ridge Indianerreservat ist rau und manchmal auch sehr einsam. Arbeitslosigkeit und Depression führt in vielen Familien zu Alkoholismus und Gewalt. Die Familie Jumping Eagle hat ein offenes Haus für Kinder und Jugendliche in Not. Sie geben ihnen vor allem eines: Zusammenhalt-Tiospaye.
Kermit Miner hat keine Ahnung, warum er wie der Frosch aus der Fernsehserie Sesamstraße heißt. Das geht ihm im Übrigen auch völlig am Arsch vorbei. Der Neunzehnjährige ist an diesem Morgen vollauf damit beschäftigt, sich wie ein Mann zu benehmen. Starr gucken, keine Miene verziehen, spöttisch den Mund verknoten. Doch so sehr er sich auch bemüht, der kleine Junge in ihm ist immer noch zu sehen. Der Fünfjährige, der immer wieder vor seinem gewalttätigen Vater flieht. Während die Mutter nur noch die Wodkaflasche im Arm hält, kümmert er sich um die jüngeren Geschwister. Manchmal haben sie tagelang nichts zu essen. Kermit war zehn Jahre alt als er verstand, dass er seine Familie nicht retten kann, nur sich selbst. Seitdem lebt er bei den Jumping Eagles. Dort gibt es alles, was ein Indianer braucht: Pferde, Familie und Tradition. Und endlich auch ein zweites Haus für die mehr als dreißig Menschen. Ein Bauunternehmer aus Kentucky zahlt den Neubau aus eigener Tasche und ist gerade dabei, die Einzelteile auf dem Gelände abzuladen. Kermit zieht ein Paar nagelneue Arbeitshandschuhe unter der Matratze vor. Er muss jetzt ein Haus bauen und sieht gleich wieder ziemlich erwachsen aus.
Billy, Donna, Zac, Walan und all die anderen Jungs und Mädchen haben ihm gezeigt, warum es sich lohnt, niemals aufzugeben. Es geht um Stolz und Zuversicht, um Freundschaft und die Kraft, dem Unvermeidlichen nicht auszuweichen. Dem Leben selbst.
Das Pine Ridge Indianer Reservat ist der ärmste Flecken der USA. Etwa 40000 Oglala Lakota leben unter schwierigsten Bedingungen auf den „Great Plains“, der Prärie im Mittleren Westen der USA. Gewalt und Alkoholismus, Krankheit und Perspektivlosigkeit sind die Gegner, mit denen die Urenkel von Sitting Bull und Crazy Horse heute zu kämpfen haben. Viele bleiben dabei auf der Strecke. Das wissen auch Billy und Donna Jumping Eagle. Sie verstehen ihr Zuhause, als Ort, der Kindern in Not Schutz bietet. Oft ein Leben lang.